Henriette Hirschberg, geb. Kampf
Henriette Kampf wurde am 7.5.1896 als Tochter von Joseph Heinrich Kampf und seiner Frau Berta, geb. Löwenstein in Elberfeld geboren. Henriette Kampf war mit Emil Hirschberg verheiratet, der als Handwerker und Drucker und seit 1927 als Hausierer und Vertreter mit Wandergewerbeschein tätig war. Das Paar wohnte in der Friedrichstraße 30 in Elberfeld, wo Emil Hirschberg auch gemeinsam mit Henriettes Bruder Heinrich Kampf eine Handelsvertretung für Bekleidungsstücke betrieb.
Mit Sicherheit erfuhr das Paar alle Folgen der diskriminierenden Politik der Nationalsozialisten: Boykotte, Ächtung, Kontaktverbot und Pogrom.
Die Deportationsliste für Minsk verzeichnet Henriette Hirschberg mit ihrem Mann Emil mit der Wohnadresse „Luisenstraße 124“ in Elberfeld. Dies war das Haus des Nähmaschinenhändlers und -mechanikers Samuel Zuckermann, der im Oktober 1941 in das Ghetto von Łódź deportiert und ermordet wurde.
Kurz danach wurden hier, in diesem noch heute bestehenden Haus im Elberfelder Luisenviertel, weitere jüdische Menschen zwangsweise untergebracht: Das Ehepaar Friedrich und Franziska Meier und Sonja Gerson.
Nur zwei Wochen nach dem Abschied vom Hauseigentümer Samuel Zuckermann, am Montag, den 10. November 1941, verließen auch die verbliebenen Bewohner das Haus und begaben sich mit ihrem Gepäck zum Bahnhof Wuppertal-Steinbeck. Dort mussten sie, insgesamt 244 Menschen aus Wuppertal, Remscheid, Velbert und Hattingen, einen Zug besteigen, der aus Düsseldorf gekommen und bereits mit fast 1000 Personen besetzt war. Nach fünf Tagen erreichte der Zug die Stadt Minsk.
Das Ghetto in Minsk war von den deutschen Besatzern im Sommer 1941 auf zwei Quadratkilometern eingerichtet worden. Rund 75.000 jüdische Menschen lebten in Minsk, von denen die meisten ins Ghetto umziehen mussten. Im Herbst und Winter kamen dann noch sieben Deportationszüge mit rund 7000 Jüdinnen und Juden aus dem „Altreich“ hinzu. Die Lebensverhältnisse in den aus Stein oder Holz erbauten Häusern waren katastrophal.
Wer am Leben bleiben durfte, musste in ein besonderes Ghetto etwas abseits vom Hauptghetto ziehen, das in fünf Abteilungen entsprechend der Herkunft der Transporte eingeteilt war: Hamburg, Berlin, Bremen, Wien und eben Rheinland. Von diesen Ghettobewohnern starben die meisten durch Erschießungs- und auch Vergasungsaktionen (durch KFZ-Motorabgase) Ende Juli 1942, am 8. März 1943 und im Herbst 1943.
Die meisten der Opfer aber kamen gar nicht erst ins Ghetto, sondern wurden mit dem Zug direkt in das 12 km südöstlich von Minsk gelegene Maly Trostenez gebracht und dort ermordet, in der Regel bei Erschießungsaktionen. Das Schicksal der wenigen, die in ein Arbeitslager geschickt wurden, ist unbekannt.
Henriette Hirschberg war 45 Jahre alt, als man sie deportierte.
Quellen
Archiv Begegnungsstätte Alte Synagoge: Deportationsliste Minsk | Stadtarchiv Wuppertal: Akten für Wiedergutmachung 246445