Rosalie Holstein, geb. Levy, verw. Cohn

  • Geburtsdatum: 18.01.1886
  • Geburtsort: Elberfeld (heute Wuppertal)
  • Beruf: Kauffrau, Pensionswirtin
  • Wohnort:

    Schwanenstraße 26

  • Todesdatum: 00.09.1942
  • Todesort: Vernichtungsstätte Chełmno

Rosalie Levy wurde am 18. Januar 1886 in Elberfeld als mittleres von drei Kindern der Eheleute Wilhelm Levy und Henriette, geb. Goldberg geboren. Über ihre Kindheit, Schulzeit und Ausbildung ist nichts bekannt, aber anzunehmen ist, dass sie durch den Beruf ihres Vaters, der bei der jüdischen Gemeinde als Synagogendiener angestellt war, ein enges und vertrautes Verhältnis zur örtlichen Synagogengemeinde hatte.

Rosalie Levy heiratete den Tierfellhändler Kuno Cohn und lebte mit ihm in Rheda. Dort kam 1908 auch ihr Sohn Siegfried zur Welt. Das nächste Kind wurde erst 1916 geboren: Edith. 1919 gab es dann noch einmal Nachwuchs, als Anneliese geboren wurde. Diese war gerade erst zehn Jahre alt, als der Vater starb. Rosalie Cohn arbeitete nun als selbständige Handelsvertreterin. Sie verkaufte Bauisolierungen, Textilien und Zeitschriften. Ihr Einkommen lag aber kaum über 800 Reichsmark monatlich. 1932 zog sie wieder nach Wuppertal und wohnte mit ihrer jüngsten Tochter Anneliese bei den Eltern in der Schwanenstraße 26. Die älteren Kinder Siegfried und Edith waren erwachsen und gingen ihre eigenen Wege.

Am 5. August 1935 heiratete Rosalie Cohn den ebenfalls verwitweten Julius Holstein, dessen jüngster Sohn Alfred etwa im gleichen Alter wie Anneliese war. Julius Holstein arbeitete zu dieser Zeit schon als Synagogendiener bei der jüdischen Gemeinde, übte also dieselbe Tätigkeit aus wie früher Rosalie Cohns Vater Wilhelm Levy. 1937/1938 musste Rosalie Holstein unter dem Druck der Nationalsozialisten ihre selbständige Tätigkeit aufgeben. Sie richtete daraufhin mit der Hilfe ihres Mannes in der Wohnung in der Schwanenstraße 26 eine Pension ein, von deren Gewinn die Familie vorläufig leben konnte.

Rosalie Holsteins Vater Wilhelm Levy starb am 10. Juli 1937 im Alter von 82 Jahren und wurde auf dem jüdischen Friedhof am Weinberg bestattet (Feld K/VII).

Im Zuge der antijüdischen Gewaltaktionen im November 1938 wurde Rosalie Holsteins Mann am 10. November 1938 verhaftet, aber bereits am 14. November wieder entlassen. Als Grund wurde in der Gestapoakte „Beerdigungsarbeiten“ genannt. Auch nach der Zerstörung der Synagoge galt er weiterhin als Angestellter der jüdischen Gemeinde. Am 11. Dezember 1938 gelang es seinem Sohn Alfred, in die USA zu emigrieren und war damit in Sicherheit. Er starb 1981 in New York.

Auch Rosalies Sohn Siegfried gelang die Emigration: Er wanderte nach Bolivien aus, kehrte aber nach dem Krieg nach Deutschland zurück.

Julius Holsteins Sohn Alexander indes starb schon am 22. März 1940 in Wuppertal im Alter von 33 Jahren – aus dem Friedhofsbuch geht nicht hervor, was die Ursache für diesen frühen Tod war. Sein Grab befindet sich auf dem jüdischen Friedhof am Weinberg auf Feld J/I.

Auch Rosalie Holsteins Mutter Henriette Levy starb noch in dieser Zeit, am 9. Mai 1941, im Alter von 85 Jahren. Ihre Kinder bestatteten sie auf dem jüdischen Friedhof am Weinberg auf Feld K/ VI neben ihrem Mann.

Am Sonntag, den 26. Oktober 1941, mussten sich Rosalie Holstein, ihre Tochter Anneliese und ihr Mann Julius am Bahnhof Steinbeck einfinden. Gemeinsam mit rund 200 anderen Jüdinnen und Juden aus Wuppertal und den Bergischen Nachbarstädten wurde die Familie zunächst nach Düsseldorf gefahren, wo sie auf dem Schlachthofgelände Derendorf eine Nacht zubringen musste. Am nächsten Morgen fuhr ein großer Transportzug mit rund 1000 Personen nach Łódź, wo die Menschen in das Ghetto eingewiesen wurden.

Dort mussten die Holsteins mit weiteren Personen in das Zimmer 1 der Kollektivunterkunft Fischstraße 21 einziehen. Julius Holstein musste im Ghetto sein Wuppertaler Arbeitsbuch mit der amtlichen Registrierung 198/045983 abgeben. Er konnte sich und seine Angehörigen mit dem Nachweis seiner Kriegsauszeichnungen vom II. „Aussiedlungstransport“ am 5. Mai 1942 zurückstellen lassen. Am 19. Mai 1942 konnten sie in ein Zimmer der Wohnung 2 in der Holzstraße 39 einziehen. Am 28. Mai 1942 nahm Julius Holstein einen (Lebensmittel-)Kredit mit der laufenden Nr. 49 auf, den er am 27. Juni 1942 zurückzahlen konnte. Am 5. Juli 1942 nahm er dann nochmals einen Kredit mit der laufenden Nummer 59 auf.

Julius Holstein starb am 12. Juli 1942 im Ghetto von Łódź. Die offizielle Todesursache wurde mit „Herzschwäche“ angegeben.

Nur wenige Monate später, im September 1942, wurden Rosalie Holsteins und ihre Tochter Anneliese Cohn während der „Ghetto-Sperre“ aus dem Ghetto von Łódź in das Vernichtungslager Chełmno gebracht und dort ermordet.

Rosalie Holstein war 56 Jahre alt.

Ihre ältere Tochter Edith Cohn war aus Rheda in die Niederlande emigriert und lebte dort in Apeldoorn. Als jüdischer Flüchtling wurde sie im Lager Westerbork interniert und von dort 1943 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und ermordet. Ihr Sohn Siegfried Cohn überlebte den Holocaust.

Ihre Schwester Antonie Hermann wurde mit ihrem Mann Paul im Februar 1943 von Berlin nach Auschwitz deportiert und ermordet.

Ihr Bruder Hermann überlebte den Holocaust und starb 1963 in Düsseldorf.

Quellen


Stadtarchiv Wuppertal: Akten für Wiedergutmachung 626817 | Archiv Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal: Deportationsliste Łódź | Jakobs, Hildegard: Im Ghetto Litzmannstadt (Łódź). 1.003 Biografien der am 27. Oktober 1941 aus Düsseldorf Deportierten, in Zusammenarbeit mit Angela Genger, Immo Schatzschneider und Markus Roos, hg. vom Förderkreis der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf e.V., Essen 2011, S. 289-291