Hilde Moch
Hilde Moch wurde am 26. April 1904 in Nonnenweier im Schwarzwald im Ortenaukreis geboren. Vermutlich kam sie erst kurz vor ihrer Deportation im November 1941 nach Wuppertal, denn es existieren praktisch keine Informationen über sie.
Allerdings scheint es eine große Familie Moch in ihrem Heimatort Nonnenweier gegeben zu haben. So feierte im Oktober 1903 ein Moses Moch seinen hundertsten Geburtstag, ein Ereignis, von dem die Zeitschrift „Der Israelit“ am 20. Oktober 1903 ausführlich berichtete:
Am Schabbat Paraschat Lech Lecha begeht Herr Moses Moch von Nonnenweier seinen hundertsten Geburtstag. Aus diesem Anlass will seine Geburtsgemeinde Nonnenweier diesen Tag festlich begehen. An alle jüdischen Gemeinden Badens ergingen Einladungen, durch Deputationen diesen hoch betagten Mann zu ehren. Seine Ehrwürden, Herr Rabbiner Dr. Rawicz in Offenburg, wird den Jubilar, geführt von drei Altersgenossen, einem Fünfundneunzigjährigen und zwei Vierundachtzigjährigen, an der Grenze empfangen und anreden. Der Jubilar erfreut sich trotz eines im vorigen Jahre überstandenen Unwohlseins einer ausgezeichneten Frische und Rüstigkeit. Seine Familie besteht aus fünf Kindern, einer großen Zahl von Enkeln und Urenkeln. Seine Frau wurde ihm schon vor Jahrzehnten entrissen, und fand er Ersatz in der Liebe und Hochachtung seiner Kinder. Anlässlich einer Brith-Miloh-Feier seines Enkels war er vor drei Jahren hier am Platze und setzte alle Anwesenden durch seine klare, hell tönende Stimme in Erstaunen; auch liest er noch ohne Brille und beteiligt sich lebhaft an Unterhaltungen. An Rosch Haschona wurde er zur Tora aufgerufen und sprach mit kräftiger Stimme die Tora-Benediktion. Möge diesem frommen und ehrwürdigen Hundertjährigen noch ein recht glücklicher Lebensabend im Kreise seiner Familie beschieden sein.
Und das „Frankfurter Israelitische Familienblatt“ vom 27. November 1903 meldete zum selben Anlass: Der Großherzog ließ dem Moses Moch in Nonnenweier anlässlich dessen 100. Geburtstags ein Geschenk von 100 Mark überweisen.
In einer Liste mit den Namen der im Ersten Weltkrieg gefallenen jüdischen Soldaten wird auch der Gefreite Josef Moch genannt, geboren am 19. August 1885 in Nonnenweier, vor 1914 in Mainz wohnhaft, gefallen am 2. November 1916).
Eine Geschichte der jüdischen Gemeinde von Nonnenweier berichtet, dass um 1924, als zur Gemeinde noch 89 Personen gehörten (5,2 % von insgesamt etwa 1.600 Einwohnern), Hermann Moch, Samuel Metzger und Heinrich Moch die Gemeindevorsteher waren.
Eine Liste mit den Namen der im Holocaust ermordeten Jüdinnen und Juden aus Nonnenweier nennt neben Hilde Moch auch Abraham Moch, geboren 1866, Adolf Moch, geboren 1890, Balbine Lina Moch, geb. Weil, geboren 1867, Hermann Heinrich Moch, geboren 1892, Max Moch, geboren 1904, Sofie Moch, geboren 1903, Sofie Moch, geb. Schleicher, geboren 1892 und Wilhelm Moch, geboren 1891. Für Max Moch gibt es seit 2014 einen „Stolperstein“ in Konstanz.
Nach Wuppertal kam die unverheiratete Hilde Moch offensichtlich aus Nordrach. Vielleicht war sie Patientin in der Rothschildschen Stiftung der Lungenheilanstalt für weibliche jüdische Lungenkranke gewesen. Warum und auf welchem Weg auch immer sie nach Wuppertal kam und in eine Wohnung in der „Straße der SA“ 187 (heute Friedrich-Ebert-Straße) eingewiesen wurde – am Montag, den 10. November 1941, musste sie, ausgerüstet mit Gepäck und Proviant, von dieser Unterkunft zum Steinbecker Bahnhof kommen. Mit rund 250 weiteren Juden und Jüdinnen aus Wuppertal und den bergischen Nachbarstädten wurde sie nun nach Minsk deportiert.
Das Ghetto in Minsk war von den deutschen Besatzern im Sommer 1941 auf zwei Quadratkilometern eingerichtet worden. Rund 75.000 jüdische Menschen lebten in Minsk, von denen die meisten ins Ghetto umziehen mussten. Im Herbst und Winter kamen dann noch sieben Deportationszüge mit rund 7000 Jüdinnen und Juden aus dem „Altreich“ hinzu. Die Lebensverhältnisse in den aus Stein oder Holz erbauten Häusern waren katastrophal.
Wer am Leben bleiben durfte, musste in ein besonderes Ghetto etwas abseits vom Hauptghetto ziehen, das in fünf Abteilungen entsprechend der Herkunft der Transporte eingeteilt war: Hamburg, Berlin, Bremen, Wien und eben Rheinland. Von diesen Ghettobewohnern starben die meisten durch Erschießungs- und auch Vergasungsaktionen (durch KFZ-Motorabgase) Ende Juli 1942, am 8. März 1943 und im Herbst 1943.
Die meisten der Opfer aber kamen gar nicht erst ins Ghetto, sondern wurden mit dem Zug direkt in das 12 km südöstlich von Minsk gelegene Maly Trostenez gebracht und dort ermordet, in der Regel bei Erschießungsaktionen. Das Schicksal der wenigen, die in ein Arbeitslager geschickt wurden, ist unbekannt.
Hilde Moch war 37 Jahre alt, als sie deportiert wurde.
Quellen
Archiv Begegnungsstätte Alte Synagoge: Deportationsliste Minsk | https://www.alemannia-judaica.de/nonnenweier_synagoge.htm