Selma Niederheimer, geb. Goldschmidt

  • Geburtsdatum: 17.09.1877
  • Geburtsort: Hildesheim
  • Beruf: Kauffrau
  • Wohnort:

    Werther Straße 13, Straße der Alten Garde 51 (heute Werth), Reichsstraße 34

  • Todesdatum: nach 22.04.1942
  • Todesort: Ghetto Izbica oder Vernichtungslager Sobibór

Selma Goldschmidt wurde am 17. September 1877 als drittes von vier Kindern der Eheleute Louis Goldschmidt und seiner Frau Jeanette, geb. Wertheim in Hildesheim geboren.

Wie ihre Geschwister Emil und Franziska zog Selma ins Wuppertal und wohnte seit mindestens 1921 mit ihrem Mann, dem Kaufmann Nathan Niederheimer, in Barmen in der Werther Straße 13 in der zweiten Etage (heute Werth). Ihr Bruder Emil Goldschmidt war ebenfalls Kaufmann und hatte sein Geschäft in der Elberfelder Herzogstraße, seine Schwester Franziska, verheiratet mit dem Kaufmann Moritz Strauss, wohnte in der Reichsstraße 34 in Heckinghausen. Die beiden Schwestern gründeten in der Barmer Schuchardstraße 37 die Firma S. und F. Goldschmidt, Bekleidung, Putz- und Modewaren.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten gerieten die Geschwister und ihre Geschäfte zunehmend unter Druck. Der Name Nathan Niederheimers wurde so auch im nationalsozialistischen Boykottheft von 1935 mit der Adresse Werth 13 angegeben (S. 20).

Ein großes Unglück betraf die Familie, als Emil Goldschmidts Sohn Lothar drei Tage vor seiner geplanten Ausreise, im Frühjahr 1939, verhaftet wurde, weil zwei junge Frauen aus dem Haus – „arische“ Dienstmädchen – ihn wegen eines sexuellen Übergriffs denunziert hatten. Selma Niederheimers Neffe sollte, trotz aller beharrlichen Bemühung des jüdischen Rechtsanwalts Gustav Brück, trotz sehr guter Leumundsaussagen befreundeter Familien, früherer Kollegen und selbstverständlich seines Vaters, nicht mehr in die Freiheit kommen. Die Sorge um den Sohn wird das Leben des Vaters und der Verwandten in dieser Zeit gänzlich bestimmt haben. Lothar kam nie mehr frei und wurde schließlich im Konzentrationslager Groß-Rosen ermordet.

Am 29. April 1940 starb Selma Niederheimers Mann Moritz im Alter von 64 Jahren und wurde auf dem jüdischen Friedhof an der Hugostraße bestattet (Feld S 87).

Am Dienstag, den 21. April 1942, musste Selma Niederheimer, gemeinsam mit ihrer Schwester Franziska und ihrem Schwager Moritz Strauss, die immer noch in der Reichsstraße 34 wohnten, mit Gepäck und Proviant zum Bahnhof Wuppertal-Steinbeck kommen.

60 Jüdinnen und Juden aus Wuppertal, dazu je eine Person aus Remscheid, Neviges, Velbert und Hattingen mussten sich an diesem Frühlingsmorgen dort einfinden und wurden zunächst nach Düsseldorf gebracht, wo sie eine Nacht improvisiert auf dem Schlachthofgelände Derendorf zubringen mussten. Am nächsten Tag wurde ein Transport mit insgesamt 387 Männern und 664 Frauen zusammengestellt, der den Bahnhof Derendorf am 22. April 1942 um 11.06 Uhr verließ. Die Route führte über Erkrath, Hagen, Paderborn, Northeim, Nordhausen, Halle (Saale), Cottbus, Sagan, Lissa, Ostrowo, Widzew, Skarzysko Kamienna, Radom, Deblin und Lublin nach Izbica. Nach ihrer Ankunft im Ghetto schrieben manche der Verschleppten Postkarten nach Hause, die auch ihr Ziel erreichten. Sie beweisen, dass die Menschen noch etwa sechs Monate am Leben geblieben sind, ehe sie im Oktober 1942 zu einem Vernichtungslager im Distrikt Lublin – vermutlich nach Sobibór – transportiert und dort sofort ermordet wurden.

Selma Niederheimer war 65 Jahre alt, als man sie deportierte.

Quellen


Archiv Begegnungsstätte Alter Synagoge: Deportationsliste Izbica | Gottwaldt, Alfred/ Schulle, Diana: Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich 1941-1945, Wiesbaden 2005