Max Abraham Tietz

  • Geburtsdatum: 26.08.1916
  • Geburtsort: Barmen (heute Wuppertal)
  • Beruf: Arbeiter
  • Wohnort:

    Hans-Hilbert-Straße 8a (heute - Heidter Berg), Feuerstr. 8a

  • Todesdatum: 24.08.1942
  • Todesort: Konzentrationslager Stutthof

Max Abraham Tietz wurde am 26. August 1916 als ältester Sohn von Michael Tietz, der nicht jüdisch war, und seiner Frau Lina, geb. Frankenberg in Barmen geboren.  Am 18. September 1919 kam sein jüngerer Bruder Hans zur Welt.

Vermutlich sehr bald ließ sich Max Tietz` Mutter scheiden und heiratete erneut, ebenfalls einen nicht jüdischen Mann: Johannes Weber. Im Barmer Adressbuch von 1921 wird ein Rohproduktenhändler Johannes Weber mit der Adresse Hans-Hilbert-Straße 8a (heute Heidter Berg) verzeichnet. Dies könnte die Adresse der Familie gewesen sein.

Sein Bruder Hans wurde 1925 vom den Eheleuten Abraham und Jettchen Bornheim, geb. Strauß adoptiert, die Adoption 1936 aber wieder rückgängig gemacht.

Am 16. September 1927 wurde ein dritter Junge geboren: Rolf.

Zum 15. Januar 1940 trat Max Tietz in die Wehrmacht ein, wurde aber eineinhalb Jahre später, am 7. Juli 1941 entlassen. Vermutlich war erst zu diesem Zeitpunkt den NS-Behörden bekannt, dass er Jude war.

Nach dem Krieg berichtete Lina über das Ende ihres Ältesten:

Im November oder auch Dezember 1941 erhielt mein Sohn Max Tietz eine Vorladung zur Gestapo im Polizeipräsidium in Barmen. Mein Sohn war jüdischer Mischling und nach 2-jährigem Wehrdienst von der Wehrmacht entlassen worden. Aufgrund der Vorladung ging er zur Gestapo, und als er zurückkehrte, erzählte er mir, dass ihm von dem Gestapo-Beamten Peters aufgetragen worden sei, einen Stern zu tragen, wie er um diese Zeit allgemein von den Juden getragen werden musste. Mein Sohn wollte diesen Stern nicht tragen und ging am folgenden Tag zu einer Dienststelle der Stadt, um sich darüber zu beschweren. Von diesem Weg kehrte mein Sohn nicht zurück.

Ich ging am nächsten Tag zu dem Beamten Peters und fragte ihn nach meinem Sohn, weil ich vermutete, dass er von der Gestapo festgenommen worden war, Peters sagte zu mir: „Ja, der wollte sich beschweren. Wir haben ihn jetzt etwas beschwert. Machen Sie, dass Sie rauskommen. Ihr Sohn kommt nicht wieder.“

Zu einem späteren Zeitpunkt bin ich wieder zur Gestapo gegangen und sprach mit einem Beamten namens Niesen, der die Angelegenheit meines Sohnes nun bearbeitete. Dieser Beamte ließ meinen Sohn holen, und ich konnte ihn sehen. Auf mein Bitten, meinen Sohn doch freizulassen, warf mein Sohn ein: „Lass doch, Mutter, es kommt doch alles, wie es kommen soll.“ Und deshalb wurde er von dem Beamten Niesen derart geschlagen, dass er neben meinen Stuhl fiel. Ich musste das Zimmer verlassen und habe draußen gewartet, um meinen Sohn nochmal zu sehen. Ich habe ihn nicht wiedergesehen.

Durch Briefe meines Sohnes habe ich später erfahren, dass er aufgrund einer Gerichtsverhandlung zunächst zu 4 Wochen Gefängnis verurteilt wurde. Diese Strafe verbüßte er im Gefängnis Bendahl in Elberfeld. Von dort kam er zum Konzentrationslager Flossenbürg und von dort nach Stutthof bei Danzig. Von Stutthof erhielt ich den Bescheid, dass mein Sohn an Herz- und Körperschwäche gestorben sei. Ich muss betonen, dass mein Sohn nie krank gewesen war.

Den Bescheid über meinen Sohn brachte mir wieder der Beamte Peters. Er hielt dabei eine Pistole in der Hand, warum weiß ich nicht. Ich selbst wurde von dem Gestapobeamten Pollmann geschlagen, als ein Gesuch von mir, welches ich an den Reichsminister Frick geschrieben hatte, um meinen Sohn freizubekommen, zur Wuppertaler Gestapo zurückkam und Pollmann feststellte, dass ich bei der Unterzeichnung dieses Gesuchs vergessen hatte, neben meinen Vornamen „Lina“ den weiteren Vornamen „Sarah“ hinzuzusetzen. Er beschimpfte mich und erstattete Anzeige wegen falscher Angaben. Aufgrund dieser Anzeige wurde ich zu 4 Wochen Gefängnis verurteilt.

Max Tietz war 26 Jahre alt, als er ermordet wurde.

Sein Bruder Hans Tietz emigrierte in den 1930er Jahren nach Belgien, kam dort 1938 ins Gefängnis und wurde später, nachdem die Deutschen Belgien besetzt hatten, in das Konzentrationslager Auschwitz überführt, wo er am 18.2.1943 umkam.

Sein Onkel Hermann Frankenberg und seine Großmutter Jeanette, geb. Marcus, wurden am 20. Juli 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Seine Großmutter kam dort um, der Onkel wurde ins Konzentrationslager Treblinka deportiert und dort ermordet.

Seine Mutter Lina Weber und sein Halbbruder Rolf wurden als so genannte „Mischehe“ am 17. September 1944 noch verhaftet und in das „Jüdische Krankenhaus Iranische Straße“ in Berlin deportiert. Sie überlebten den Holocaust und meldeten sich nach dem Kriegsende am 30. Januar 1946 wieder in der jüdischen Gemeinde an.

Quellen


Gedenkblatt Yad Vashem | Stadtarchiv Wuppertal: Akten für Wiedergutmachung 246183 | Archiv Begegnungsstätte Alte Synagoge: Deportationsliste Theresienstadt | Overhoff, Frank: Biografische Notizen zu Opfern der Shoah aus Langenberg, Neviges und Velbert, Velbert 2014, S. 47f.