Emma Ella Seligmann
Emma Ella Seligmann wurde am 13. April 1874 in Barmen geboren und stammte aus einer vergleichsweise alten jüdischen Familie Elberfelds: Ihr Großvater war der Handelsmann Meier Seligmann, geboren 1776, gestorben am 30. Dezember 1857 in Elberfeld. Sein Grabstein ist vermutlich vom ältesten, heute nicht mehr existierenden jüdischen Friedhof an der Weißenburgstraße transloziert worden und steht seit 2013 aufrecht und von beiden Seiten lesbar an der Mittelallee. Er hatte im Elberfelder Kipdorf gewohnt und war mit Laura, geb. Steinthal verheiratet. Seine Kinder waren Emma (28.4.1817-16.5.1854) und Michael (*1820) – der Vater von Emma Ella Seligmann.
Die deutsche Inschrift auf dem Grabstein lautet: Hier ruht in Frieden Meyer Seligmann, gest. am 30. Dec. 1857 im 81. Lebensjahr (Emma Seligmanns Großvater hatte also ein für seine Zeit recht hohes Alter erreicht), und die hebräische Inschrift: Hier ist begraben ein gerechter und gottesfürchtiger Mann. Er ist Meir Seligmann. Er verschied am 13. Tewet 618 nach kleiner Zählung. Seine Seele sei eingebunden in das Bündel des Lebens. (Grabstein Nr. V 15). Zu den neu erforschten Grabsteinen auf diesem Friedhof gehören der von seiner Tochter Emma (Nr. V 19) und der seiner Frau Leonore (Laura) Steinthal (geb. 1793-6.9.1864, Nr. V 10).
Emma Seligmann hatte noch drei sehr viel ältere Geschwister: Max, geboren 1863, Leonore, geboren 1864 und Walter, geboren 1866. Aber es gab auch noch einen drei Jahre jüngeren Bruder: Alfred. Wie ihre Schwester Leonore studierte Emma Ella Seligmann nach der Beendigung der Schulzeit Musik und wurde Klavierlehrerin.
Am 28. Juni 1892 starb Emma Ella Seligmanns Vater Michael Seligmann mit 73 Jahren, aber sein Grabstein ist auf den jüdischen Friedhöfen in Wuppertal nicht zu finden. Seine Witwe, 22 Jahre jünger als ihr verstorbener Mann, starb 1931 im Alter von 90 Jahren, und auch von ihr scheint kein Grab in Wuppertal zu existieren. Möglicherweise sind die Eltern zu einem der Kinder gezogen: Emma Seligmanns Schwester Leonore wohnte in Köln und ihre Brüder Max und Alfred in Berlin. Der Bruder Walter war 1922 gestorben, und auch hier ist nicht klar, wo sich sein Grab befindet.
Emma Ella Seligmann war – wie ihre Schwester – vermutlich nie verheiratet und verdiente sich ihren Lebensunterhalt als Klavierlehrerin – so ist sie auch im nationalsozialistischen „Boykottheft“ von 1935 verzeichnet (S. 23). Demnach wohnte sie in Barmen im Werth 71. 1938 wurde diese Straße durch Verfügung des Polizeipräsidenten in „Straße der Alten Garde“ umbenannt. Die „Alte Garde“ war das 1918 aufgelöste preußische Gardekorps (Elitetruppe). Die Bezeichnung wurde im Dritten Reich von den „Alten Kämpfern“ der NSDAP übernommen. Seit Mai 1945 heißt die Straße wieder „Werth“.
Im Juli 1942 erhielt sie den Befehl, am Montag, den 20. Juli zum Bahnhof Steinbeck zu kommen. Von dort wurde sie mit vielen weiteren Menschen mit einem Personenzug nach Düsseldorf verbracht, wo alle auf dem Schlachthofgelände Derendorf übernachten mussten. Am nächsten Morgen fuhr ein langer Transportzug mit über 1000 Personen Richtung Prag in das Ghetto Theresienstadt.
Emma Ella Seligmann hielt die Strapazen des Ghettos viele Monate aus. Erst am 15. Mai 1944 wurde sie in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort vermutlich sofort ermordet. Sie war 70 Jahre alt.
Ihr Bruder Max starb 1938 in Berlin. Ihr Bruder Alfred wurde von Berlin aus nach Auschwitz deportiert und wurde dort am 18. Juli 1943 getötet. Ihre Schwester Leonore wurde von Köln aus nach Theresienstadt deportiert und kam dort am 16. Januar 1943 um.
Seit dem 20. Juli 2011 befindet sich vor dem Haus Werth 109 ein „Stolperstein“ für Emma Seligmann.
Quellen
Archiv Begegnungsstätte Alte Synagoge: Deportationsliste Theresienstadt | Yeshurun, Patricia/ Schrader, Ulrike: Was Steine erzählen. Neuentdeckungen auf dem jüdischen Friedhof Weißenburgstraße in Wuppertal-Elberfeld, in: Geschichte im Wuppertal (2014), S. 77-90, hier S. 83