Hirsch Meilech Halber, gen. Hermann
Hermann Halber wurde am 21. Juni 1878 in Lemberg als Sohn eines vermutlich orthodoxen und frommen jüdischen Paares geboren, denn darauf deutet sein jüdischer Name „Hirsch Meilich“ hin. Sonst ist über seine familiäre Herkunft, über seine Kindheit, Schulzeit und Ausbildung nichts bekannt. Anzunehmen ist, dass er um die Jahrhundertwende in das aufstrebende Elberfeld kam und hier sein Textil-Wäsche-Versandgeschäft mit Sitz in der Friedrichstraße 11 aufbaute.
Vermutlich in dieser Zeit heiratete er auch, und zwar die Hutmacherin Friederike Heinemann. 1903 wurde das erste Kind, die Tochter Leonore geboren, im Jahr darauf eine zweite Tochter, Bernhardine, und im Jahr 1907 ein Junge, Max. Die Familie wohnte in einer Drei-Zimmer-Wohnung in der Karlstraße 8. Hermann Halbers Frau Friederike verstand sich als Hausfrau und fühlte sich zuständig für Haushalt und Kindererziehung. Er betrieb das Geschäft. Aber schon im Frühjahr 1934 wurde er gezwungen, die Firma aufzugeben. Zu dieser Zeit war seine Tochter Bernhardine bereits mit ihrem Ehemann nach Antwerpen in Belgien emigriert.
Auch Hermann Halber wollte auswandern, fand jedoch in den Niederlanden keine Verdienstmöglichkeiten und kehrte nach zwei Jahren wieder nach Wuppertal zurück. Hier versuchte er, mit Gelegenheitsarbeiten seinen Lebensunterhalt und den seiner Frau zu verdienen. Später musste er Zwangsarbeit verrichten. Sein Arbeitsbuch trug die Nummer 198/148882.
Am Sonntag, den 26. Oktober 1941, musste sich Hermann Halber mit seiner Frau am Bahnhof Steinbeck einfinden. Gemeinsam mit rund 200 anderen Jüdinnen und Juden aus Wuppertal und den Bergischen Nachbarstädten wurden die beiden zunächst nach Düsseldorf gefahren, wo sie auf dem Schlachthofgelände Derendorf eine Nacht zubringen mussten. Am nächsten Morgen fuhr ein großer Transportzug mit rund 1000 Personen nach Łódź, wo die Menschen in das Ghetto eingewiesen wurden.
Dort musste das Ehepaar Halber mit 87 weiteren Personen im Zimmer 11 der Kollektivunterkunft Fischstraße 15 leben. Am 2. Januar 1942 erhielt Hermann Halber eine Zahlung über 9,60 Mark, wovon er zwei Drittel an die Solidargemeinschaft des „Düsseldorfer Kollektivs“ abführte.
Am 6. Mai 1942 wurde er zusammen mit seiner Frau aus dem Ghetto von Łódź „ausgesiedelt“ und am nächsten Tag im Vernichtungslager Chełmno ermordet.
Er war 64 Jahre alt.
Seine nach Belgien emigrierten Kinder Bernhardine und Max und auch seine Schwägerin Berta wurden dort gefasst, interniert und nach Auschwitz deportiert und ermordet.
Einzig Hermann Halbers Tochter Leonore überlebte den Holocaust. Sie war mit dem Maßschneider Erwin Torbeck verheiratet, der evangelisch war. (Merkwürdigerweise wurde Erwin Torbeck im Wuppertaler Adressbuch mit dem Zwangsnamen „Israel“ aufgeführt.) Wegen dieser Ehe war Leonore Torbeck besser geschützt als ihre Eltern und Geschwister, doch als im September 1944 auch die so genannten „Mischehen“ deportiert werden sollten, entschloss sie sich zum Untertauchen. Neun Monate lebte sie, wie sie später berichtete, im Versteck. Sie starb am 14. März 1963 in Wuppertal, ihr Mann am 1. September 1975. Beide sind nebeneinander auf dem jüdischen Friedhof am Weinberg bestattet (Feld M/ I).
Quellen
Archiv Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal: Deportationsliste Łódź | Jakobs, Hildegard: Im Ghetto Litzmannstadt (Łódź). 1.003 Biografien der am 27. Oktober 1941 aus Düsseldorf Deportierten, in Zusammenarbeit mit Angela Genger, Immo Schatzschneider und Markus Roos, hg. vom Förderkreis der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf e.V., Essen 2011, S. 246 | Stadtarchiv Wuppertal: Akten für Wiedergutmachung 246051, 246052, 246053