Grabstein der Familie Lewkowitz auf dem jüdischen Friedhof am Weinberg
Hugo Lewkowitz
Hugo Lewkowitz wurde am 16. Juni 1879 in Hannover geboren. Über seine familiäre Herkunft, Schulzeit und Ausbildung ist nichts bekannt. Seinen Lebensunterhalt verdiente er als Althändler oder „Rohproduktenhändler“. So firmiert er auch im Elberfelder Adressbuch von 1925, das ihn mit seiner Adresse „Bachstraße“ 66/68 verzeichnet. Die Bachstraße, nach dem dort entlang fließenden Mirker Bach so benannt, wurde im Juni 1933 in „Werner-Hanemann-Straße“ benannt, nach einem 1933 im Dienst verunglückten SA-Mann, dessen elterliches Schuhgeschäft an der Bachstraße 88/101 stand.
Hugo Lewkowitz war verheiratet mit Jenny, geb. Berger, über die ebenfalls nichts bekannt ist. Am 3. April 1908 wurde dem Paar der Sohn Ludwig geboren, am 2. Juni 1909 ein zweiter Sohn, Kurt. Dieser starb aber schon im Alter von 14 Jahren am 3. Mai 1923 und wurde an der Ostmauer des jüdischen Friedhofs am Weinberg bestattet.
Laut Adressbuch von 1931 wohnte die Familie in der Untergrünewalder Straße 30. Mit dieser Adresse und seinem „Rohproduktenhandel“ ist Hugo Lewkowitz auch im nationalsozialistischen „Boykottheft“ von 1935 verzeichnet (S. 17)
Einen Eindruck der nationalsozialistischen Verfolgungen in dieser Zeit vermittelt der Erinnerungsbericht von Hugo Lewkowitz` Schwiegertochter Herta, geb. Rosenthal, die nach Sao Paulo in Brasilien ausgewandert war:
Am 15. Mai 1935 heiratete ich den Kaufmann Ludwig Lewkowitz, Untergrünewalder Straße 30. Schon vor meiner Heirat wurde ich von den Nationalsozialisten belästigt. Verschiedene Mal erhielt ich kleine Zettel mit den Aufforderungen, das Lokal sofort zu verlassen, ein anderes Mal wurde ich mit Gummiknüppeln verhauen, weil ich als Jüdin in einer Wartereihe für Butter stand. Mein Vater, ein 1,80 m großer Mann, wurde von den Nazis gesucht (wir wohnten damals auf der Herzogstraße im Haus des Optikgeschäfts Walbrecht), mit Holofoten wurde die Hausfront abgeleuchtet, ob er nicht aus dem dritten Stock herunterkletterte. Einige Zeit wurde er in der von der Heydts-Gasse eingesperrt und wurde durch einen Freund von mir, der selber Nazi war, wieder freigelassen. Die Verfolgungen und Belästigungen wurden so groß, dass wir uns entschlossen auszuwandern, da ich ein Kind erwartete und den Aufregungen nicht mehr gewachsen war. […] Mein Großvater, ein Mann von 80 Jahren, wurde deportiert sowie auch der Bruder meiner Mutter und auch meine Schwiegereltern Jenny und Hugo Lewkowitz. Wir haben nie wieder irgendetwas von allen diesen Verwandten gehört.
Am Montag, den 10. November 1941, mussten Hugo und Jenny Lewkowitz ihre Wohnung verlassen und mit Gepäck und Proviant zum Steinbecker Bahnhof kommen.
Mit rund 250 weiteren Juden und Jüdinnen aus Wuppertal und den bergischen Nachbarstädten wurden sie nun nach Minsk deportiert.
Das Ghetto in Minsk war von den deutschen Besatzern im Sommer 1941 auf zwei Quadratkilometern eingerichtet worden. Rund 75.000 jüdische Menschen lebten in Minsk, von denen die meisten ins Ghetto umziehen mussten. Im Herbst und Winter kamen dann noch sieben Deportationszüge mit rund 7000 Jüdinnen und Juden aus dem „Altreich“ hinzu. Die Lebensverhältnisse in den aus Stein oder Holz erbauten Häusern waren katastrophal.
Wer am Leben bleiben durfte, musste in ein besonderes Ghetto etwas abseits vom Hauptghetto ziehen, das in fünf Abteilungen entsprechend der Herkunft der Transporte eingeteilt war: Hamburg, Berlin, Bremen, Wien und eben Rheinland. Von diesen Ghettobewohnern starben die meisten durch Erschießungs- und auch Vergasungsaktionen (durch KFZ-Motorabgase) Ende Juli 1942, am 8. März 1943 und im Herbst 1943.
Die meisten der Opfer aber kamen gar nicht erst ins Ghetto, sondern wurden mit dem Zug direkt in das 12 km südöstlich von Minsk gelegene Maly Trostenez gebracht und dort ermordet, in der Regel bei Erschießungsaktionen. Das Schicksal der wenigen, die in ein Arbeitslager geschickt wurden, ist unbekannt.
Hugo Lewkowitz war 62 Jahre alt, als man ihn deportierte. An ihn und seine Frau erinnert ein Gedenkstein am Grab ihres Sohnes Kurt auf dem jüdischen Friedhof am Weinberg.
Bildnachweis
- Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal, Foto: Matthias Wellmer
Quellen
Archiv Begegnungsstätte Alte Synagoge: Deportationsliste Minsk, Sammlung Föhse | Stadtarchiv Wuppertal: Akten für Wiedergutmachung 612548