Martha Silberberg, geb. Süss

  • Geburtsdatum: 07.06.1891
  • Geburtsort: Kirrweiler/ Pfalz
  • Wohnort:

    Bökel 9, Hellerstraße 6

  • Todesdatum: nach 10.11.1941
  • Todesort: Ghetto Minsk oder Vernichtungsstätte Maly Trostenez

Martha Süss wurde am 7. Juni 1891 in dem Weinort Kirrweiler in der Pfalz geboren. Sie wuchs als eins von sieben Kindern der Eheleute Moritz Süss und Rosa Dreyfus dort auf.

Vermutlich kurz nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, mit knapp 20 Jahren, heiratete Martha Süss den Kaufmann Artur Silberberg aus Ergste, und 1920 wurde zunächst der Sohn Günther, drei Jahre später die Tochter Ellen Suse geboren.

Artur Silberberg hatte gemeinsam mit dem drei Jahre jüngeren Kompagnon Julius Ostwald in Elberfeld die Textil-Großhandlung „Ostwald & Silberberg“ mit Sitz im Hofkamp 28 gegründet. Das Geschäft handelte mit Web- und Strickwaren, Tuchen und Textilien.

Das Adressbuch Elberfeld aus dem Jahr 1925 nennt als Wohnadresse von Martha Silberberg „Bökel 9“ – diese Straße gibt es heute nicht mehr, sondern ist mit dem Bau der „Bundesallee“ fortgefallen. Der Bökel bestand ursprünglich aus einer Gruppe von Fachwerkhäusern in einem unregelmäßigen Straßengebilde mit Zugängen von der Kölner Straße und vom Döppersberg, wie es in Wolfgang Stocks Buch über die Wuppertaler Straßennamen heißt. Unten im Haus Nummer 9 war das „Speisehaus des Vereins für Frauenbestrebungen“, in der ersten Etage wohnten die Silberbergs.

Das Viertel wurde im Zuge der Bombardierungen Wuppertals vollständig zerstört. Doch das hat die Familie Silberberg nicht mehr miterlebt.

1933 zogen Martha und Artur Silberberg mit ihren Kindern in ein Mietshaus in der Hellerstraße 6 um, vermutlich auch wegen des kurzen Fußwegs zur Firma. Dieses Haus gehörte der Fa. Nordstern, Allgemeine Versicherungen AG.

Zugleich setzten die nun an die Regierung gekommenen Nationalsozialisten zunehmend antijüdische Repressalien in Gang. Im sogenannten „Boykottheft“ des Amts Handwerk & Handel der NSDAP Wuppertal ist Martha Silberbergs Mann mit seiner Wohnadresse als „jüdischer“ Gewerbetreibender aufgeführt (S. 38). Der Druck verschärfte sich weiter, so dass die wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie immer prekärer wurden. Die Pogrome im November 1938 werden die Silberbergs in Panik versetzt haben. Der Schulbesuch für die 15-jährige Ellen wurde am 15. November verboten, und ob der jetzt 18-jährige Günther die Schule schon abgeschlossen hatte, ist nicht sicher.

Im Januar 1939 mussten Artur Silberberg und sein Kompagnon das Geschäft aufgeben. Vermutlich konnte Julius Ostwald noch rechtzeitig vor Kriegsbeginn ins Ausland emigrieren (er starb 1950).

Das ist Martha Silberberg und ihrer Familie nicht gelungen. Das Haus, in dem sie wohnten, wurde zu einer Zwangsunterkunft erklärt, und um 1939 zogen dort noch Louis und Johanna Levi mit ihren Kindern Ernst Werner, Lotta und Max ein und die Witwe Cläre Blumenau ins Erdgeschoss. Am Sonntag, den 26. Oktober musste sich Cläre Blumenau von ihren Nachbarinnen und Nachbarn verabschieden, weil sie zum Bahnhof Wuppertal-Steinbeck bestellt worden war. Mit 200 anderen jüdischen Bürgerinnen und Bürgern der Bergischen Städte wurde sie in das Ghetto von Lodz deportiert.

Schon zwei Wochen später, am Montag, den 10. November 1941, mussten sich auch die vier Silberbergs zum Steinbecker Bahnhof begeben. Zusammen mit insgesamt 266 Menschen aus dem ganzen Bergischen Land, davon 244 aus Wuppertal, bestiegen sie dort einen Transportzug aus Düsseldorf mit bereits mehreren Hunderten Menschen aus dem gesamten Gestapobezirk, der sie in die weißrussische Stadt Minsk brachte, wo sie am 15. November ankamen. Die Spuren von Martha Silberberg, ihrem Mann und ihrer Tochter verlieren sich dort, aber nicht die des Sohnes Günther: Er wurde von Minsk aus in das wegen seiner mörderischen Zwangsarbeit berüchtigte Konzentrationslager Mauthausen bei Linz verschleppt und dort als Heizer und Hilfsarbeiter eingesetzt. Günther kam dort am 18. November 1944 um. Aber das werden seine Eltern und seine Schwester nicht mehr erfahren haben.

Martha Silberberg war 50 Jahre alt, als man sie deportierte.

Seit dem 9. November 2011 befindet sich vor dem Haus Hellerstraße 6 ein „Stolperstein“ für Martha Silberberg.

Quellen


Archiv Begegnungsstätte Alte Synagoge Wupperta